Robert Pauli weiß aus seiner 75-jährigen Mitgliedschaft bei der Feuerwehr viel zu erzählen
Wenn sich in wenigen Tagen die Usinger Feuerwehr zu ihrer diesjährigen Jahreshauptversammlung trifft, dann rückt unter dem Tagesordnungspunkt Ehrungen ein Mann in den Fokus, der nunmehr seit 75 Jahren (!) den Brandschützern die Treue hält: Oberlöschmeister a.D. Robert Pauli.
Der 93-jährige Feuerwehrmann ist 1949 in den aktiven Einsatzdienst der Feuerwehr Usingen eingetreten und war bis zum 60. Lebensjahr immer mit viel Engagement dabei. Daneben zählt Pauli zu den Gründungsmitgliedern des 1950 ins Leben gerufenen Feuerwehr-Spielmannszuges. Bis zur Auflösung des Spielmannszuges im Jahre 2002 hatte er als Querflötenspieler unzählige Feste und Veranstaltungen mit den übrigen Spielleuten musikalisch begleitet. Wer sich die lange Feuerwehr-Vita von Robert Pauli anschaut und sich von ihm aus über sieben Jahrzehnten Lokalgeschichte erzählen lässt, der kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Denn der Senior weiß nicht nur über Brandschutz und Feuerwehrmusik aus Usingen zu berichten. Auch seine tiefen Kenntnisse aus der lokalen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Historie der Buchfinkenstadt beeindrucken.
Zur Feuerwehr gebracht hat ihn damals sein Alterskamerad Kurt Eifert. Der war bereits aktiver Brandschützer und Gruppenführer bei der Wehr und lotste Pauli sozusagen in die erste Feuerwehrübung. Weiland befand sich das Feuerwehrhaus noch in der unteren Bahnhofstraße. Als Feuerwehr der Kreisstadt verfügte die Wehr bereits über ein Kraftfahrzeug - ein Löschgruppenfahrzeug vom Typ LF 15. Das Auto muss recht untermotorisiert gewesen sein, erinnert sich Pauli. Ging es über den Hohen Berg nach Grävenwiesbach oder über die Landstraße Richtung Merzhausen, dann fiel der Tacho mal eben auf 20-25 Stundenkilometer ab, sobald eine Steigung genommen werden musste. Und doch hatte das Fahrzeug eine wichtige Funktion. Während in den übrigen Gemeinden des Kreises nur Tragkraftspritzen auf Anhängern zur Brandbekämpfung bereitstanden, konnte das Usinger Fahrzeug mit eingebauter Pumpe und entsprechendem Equipment die Schlagkraft bei Einsätzen erheblich steigern.
Ohne Führerschein
Da ist es sicher nicht verwunderlich, wenn Robert Pauli von einer für ihn außergewöhnlichen Einsatzfahrt berichtet, bei der er als Maschinist das Löschfahrzeug zu einem Brandeinsatz ans nahe Quarzitwerk steuerte. „Es muss um 1951 gewesen sein. Die Sirene rief uns zum Einsatz, aber es war kein Fahrer zur Verfügung. Helmut Steinmetz, der normalerweise das LF 15 steuerte, hatte Dienst bei der Post. Mit ihm hatte ich bereits hin und wieder am Bahnhof das Fahren geübt, weil ich in naher Zukunft als zweiter Maschinist eingesetzt werden sollte. Allerdings fehlte mir immer noch der Führerschein. Kurz und gut – ich bin dann ohne Fahrerlaubnis zur Einsatzstelle gefahren. Heute sicher undenkbar. Aber damals hat selbst unser Kommandant Walter Haag das Vorgehen gebilligt. Sonst hätten wir die Einsatzstelle nicht erreichen klönnen“, erinnert sich Pauli. Auch von einer tragischen Verwechslung bei der Übermittlung der Einsatzstelle weiß der Pensionär zu berichten: „Wir wurden zu einem Brandeinsatz nach Reinborn angefordert. Nachdem uns die Sirene alarmiert hatte, trafen wir am Feuerwehrhaus ein. Damals wohnte im angrenzenden Gebäude ein städtischer Bediensteter, der einen Telefonanschluss besaß. Er nahm in der Regel die Einsatzmeldungen von der Polizei entgegen. Doch statt Reinborn hatte der gute Mann Wernborn verstanden. Als wir mit Sirene und Blaulicht in Wernborn einfielen, war weit und breit kein Feuer zu sehen. Erst eine Rückfrage klärte die Verwechslung auf. Bis wir dann endlich in Reinborn eintrafen, war allerdings nicht mehr viel auszurichten.“
Vorstandsarbeit
Die LKW-Fahrerlaubnis legte der junge Maschinist bei der örtlichen Fahrschule Paul ab. In den 1960er Jahren bekam die Usinger Wehr ein Tanklöschfahrzeug vom Katastrophenschutz zur Verfügung gestellt. Man übertrug Robert Pauli fortan die Aufgabe des ersten Maschinisten. Stolz präsentiert Pauli ein Foto von diesem Fahrzeug, ein Magirus aus dem Jahre 1964. Kurz vor der Ausmusterung des Fahrzeuges hat Robert Pauli nochmal ein Foto von dem betagten Feuerwehrauto gemacht. Doch nicht nur beim Spielmannszug und in der Einsatzabteilung brachte der ehemalige Postbeamte sich ehrenamtlich ein. Im Feuerwehrvorstand übernahm er viele Jahre die Aufgabe des Schriftführers und des zweiten Rechnungsführers. Kein Wunder, dass ihm die Brandschützer schon bei seinem Übertritt in die Ehren- und Altersabteilung ihren großen Dank zollten und ihn zum Ehrenmitglied ernannten.
Immer noch verfolgt der Vereinsjubilar das Geschehen rund um „seine“ Feuerwehr mit großer Aufmerksamkeit. Besonders die nun anstehenden Neubaupläne interessieren ihn. Und von Zeit zu Zeit kehrt er auch zum Dämmerschoppen im Feuerwehrhaus ein, um sich vor Ort mit seinen einstigen Einsatzkameraden auszutauschen. Sein 75-jähriges Jubiläum möchte Robert Pauli nicht zu hoch aufgehängt sehen. Er ist aber dankbar darüber, dass er dieses Ereignis einigermaßen gesund erleben darf. Autor: Andreas Seifert
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